Führungskräfte-Coaching im Kontext agiler Organisations­entwicklung

Coaching leistet seit jeher einen wichtigen Beitrag zur Führungskräfteentwicklung: Durch die Reflexion und Arbeit an der eigenen Persönlichkeit, entwickelt sich auch die Führungsperson in all ihren Facetten. In diesem Beitrag möchten wir darlegen, warum Coaching im Kontext agiler Methoden besondere Bedeutung gewinnt.

Was ändert sich durch agile Methoden in der Organisation?

Eine ernsthafte Einführung agiler Methoden1 in traditionell geprägten Organisationen ist nicht nur eine neue Projektmanagement-Methode oder eine andere Führungsstruktur. Agile Werte und Prinzipien bedingen einen Wandel zu einer anderen Verantwortungsverteilung: Selbstorganisierte Teams übernehmen teilweise (oder sogar vollständige) Ergebnis- und auch Führungsverantwortung für das Team. Die Stelle der klassischen Teamleiter:in verschwindet nach und nach und wird in manchem Fall auf der unteren Ebene durch laterale Führungskräfte, einer Matrix-Organisation im Mittelbau und schließlich klassischer Hierarchie, auf den oberen Ebenen ersetzt.

Aus dieser, in wenigen Sätzen beschriebenen, aber weder ausgedachten noch übertriebenen Situation, lässt sich leicht erkennen, dass Führungskräfte einer besonderen Belastung ausgesetzt sind. Dies ist unabhängig davon, ob sie bereits in der klassischen Struktur tätig waren oder mit den Veränderungen neu in diese Position gekommen sind.

1Bei einer halbherzigen Einführung agiler Methoden entstehen noch andere, gravierende Probleme. Auch hier kann Coaching helfen. Wichtig ist dann jedoch ebenfalls die Behebung der Missstände auf der Organisationsebene.

Wir begleiten Unternehmen bei der agilen Transition. Nehmt Kontakt zu uns auf und wir betrachten die Situation in Eurem Unternehmen gemeinsam mit unseren erfahrenen Coaches individuell und unverbindlich.

Was sind die neuen Anforderungen an die Führungskräfte?

Das Mantra für Führung im agilen Kontext lautet “Servant Leadership”, also dienende Führung. Durch den veränderten Führungsstil sollen Mitarbeiter:innen mehr Verantwortung für ihre Arbeit übernehmen (dürfen), während die Führungskraft sich als Unterstützer und Förderer versteht. Auch wenn die Definition dieses Führungsstils recht lang zurückliegt, gibt es hierfür in klassischen Organisationen meist nur wenige Rollenvorbilder.
Zum Abgeben der “richtigen Menge” an Verantwortung benötigt die Führungskraft ein hohes Maß an Sozialkompetenz:

  • Was kann das Team leisten?
  • Wie ist sein Reifegrad, können Entscheidungsprozesse bestimmter Natur dort effektiv übernommen werden?
  • Ist das Team als ganzes und seine einzelnen Mitglieder weder über- noch unterfordert?

Wo Verantwortung abgegeben wird, braucht es wiederum gutes Wissen über Delegationsprozesse. Rollen müssen geklärt, Verantwortungsbereiche klar abgesteckt und Kontrollprozesse vereinbart werden. Schließlich wird die Führungskraft in der Hierarchie weiter als ergebnisverantwortlich angesprochen und muss für die Ergebnisse der Arbeit geradestehen.

Welche Schwierigkeiten stecken im neuen Rollenbild?

Einige der Herausforderungen sind im vorherigen Ansatz bereits angeklungen. Präsent ist natürlich besonders der Spagat zwischen der Verantwortung für ein gutes Ergebnis des Teams und dem Team Freiräume für eigenverantwortliche Arbeit und eigene Entscheidungen zu überlassen. Diese Situation kann auch erfahrene Führungskräfte zunächst überfordern. Gefragt ist vor allem klare Kommunikation:

  • Was sind Erwartungshaltung an die gegenseitige Verantwortung?
  • Wie sieht die Vorstellung der Rollen und Entscheidungskompetenzen aus?
  • Was wird delegiert – und wie?

Diese, eigentlich recht simplen Fragen (bzw. die fehlenden klaren Antworten) erweisen sich häufig schon als erster Schritt zur Lösungsfindung.

Neben dem Aushandeln der Beziehung zwischen Führungskraft und den Geführten, gibt es aber noch weitere Themen. So besteht oft in den Köpfen noch das Bild der “Führungskraft als bester Experte”, d.h. fachliche Kompetenz als Rechtfertigung für die Führungsrolle. Zwar ist dies nicht abwegig, doch benötigt eine disziplinarische Führungskraft zumeist eben andere Kompetenzen, die das Fachliche eher in den Hintergrund treten lassen. Im Kontext selbstorganisierter Teams kann fachliche Dominanz sogar hinderlich sein, da sie gegebenenfalls den Verantwortungsübergang an das Team bremst.

In vielen Organisationen ist die Führungskraft traditionell eher distanziert: Auch wenn es das Vorzimmer mit geschlossener Tür kaum noch gibt, besteht doch häufig eine kulturelle Barriere, sich als Vorgesetzte:r menschlich, nahbar und mit Fehlern zu präsentieren. Dazu kommt, dass Teams häufig durch die Umorganisationen und sich ändernden Anforderungen verunsichert sind und nach starker Führung und eindeutigen Antworten fragen – was Führungskräfte, die in einer ähnlichen Situation sind, überfordern kann.

Bei all diesen Herausforderungen kommt dann oft noch eine organisatorische hinzu: Es fehlt in vielen Unternehmen schlicht an Vorbildern für diese Art der Führung und der Austausch mit anderen Führungskräften im Unternehmen scheitert oft an hohem Zeitdruck und fehlender Organisation.

Welchen Nutzen bringt Führungskräfte-Coaching in dieser Situation?

Im Allgemeinen bietet Führungskräfte-Coaching einen geschützten Raum, in dem Probleme und notwendige Verhaltensänderungen besprochen und reflektiert werden können. Das Coaching ist somit sowohl Methodenunterstützung als auch ein Entwicklungsprozess für Person und Führungskraft.

Im Kontext agiler Organisationsentwicklung kommen weitere Vorteile dazu:

Unterstützung bei der Rollenfindung

Eine der größten Herausforderungen ist die unklare Rollendefinition. Was “Product Owner”, “agile Projektmanager:in” oder “agile Führungskraft” bedeuten – welche konkreten Verantwortungen und Entscheidungsbefugnisse sie haben – ist oftmals nicht genau definiert. Dadurch ergeben sich Konfliktzonen sowohl in die Hierarchie als auch mit Untergebenen. Im Coaching findet somit häufig zunächst eine Auseinandersetzung mit der Erwartungshaltung an die eigene Rolle und den Erwartungen anderer statt, die oftmals zu Klärungsprozessen mit Teams und Führungskräften führt.

Entwicklung der Führungspersönlichkeit

Unternehmen, Vorgesetzte und Untergebene haben Erwartungen an Führungsstil und -verhalten, die oft nicht einfach zu integrieren sind. Bei erhöhter Unsicherheit (aller Beteiligten) durch die Umorganisationsprozesse entsteht dazu hoher Druck, der es schwer macht, einen passenden, eigenen Führungsstil zu entwickeln. Die zugrundeliegenden Prozesse können im Coaching reflektiert und mit gängigen Führungsmodellen in Einklang gebracht werden.

Der Coach als neutrale Feedbackinstanz

Führungskräfte haben es oft schwer, im Arbeitsalltag Feedback zu erhalten, welches sie persönlich voranbringt. Der Coach als neutrale Partei gibt wertvolles Feedback und stellt bekannte Denkmuster auf die Probe. Seine Ferne zum Alltag der Führungskraft wird zum Vorteil: Er kann aktuelle Situationen in einen größeren Kontext einordnen und Muster erkennen und spiegeln.

Coaching als iterativer Prozess

Der Coaching-Prozess folgt dem Vorgehen nach PDCA (plan-do-check-act). In der Session werden üblicherweise Probleme analysiert, Handlungsoptionen entwickelt und der nächste Schritt festgehalten. Der/die Klient:in integriert die Durchführung in den Arbeitsalltag, um im nächsten Coaching den Erfolg zu reflektieren und ggf. Justierungen zu treffen. Diese Vorgehensweise ist auch Basis der meisten agilen Methoden und auch der inzwischen verbreiteten Retrospektive. Somit ergibt sich aus dem Coaching auch ein Austesten dieser Vorgehensweise und erhöhte Methodenkompetenz.

Coaching ist ressourcenorientierte Persönlichkeitsentwicklung

Wofür stehe ich als Person und Führungskraft? Was sind meine Stärken? Wohin möchte ich mich entwickeln?

Um eine Führungspersönlichkeit weiterzuentwickeln, benötigt es Reflektion und Ruhe. Coaching bietet einen geschützten Raum und fachkundige Leitung des Prozesses, so dass Führungskräfte die Chance haben, mit den neuen Anforderungen umzugehen und gute Lösungen zu finden.